Stillberatung für Schwangere? Unbedingt!

Auf diesem Foto siehst Du Stillberaterin Cara, die ihr Baby stillt

Stillberaterin Cara über alles rund ums Thema Stillen

Stillen ist im Idealfall nicht nur Nahrungsaufnahme. Es ist auch auch Nähe, Geborgenheit und ganz viel Liebe. Häufig ist der Start jedoch etwas holprig und wenn einem die Erfahrung oder auch die richtige Unterstützung fehlt, ist man gerne verleitet, zu schnell aufzugeben. Wir durften Stillberaterin @Cara.graf interviewen und möchten Dir gerne Mut machen, Dich bei Unsicherheiten an eine kompetente Beratung zu wenden.

Ich bin im Januar 2020 selbst Mama geworden und fühlte mich sehr gut vorbereitet. Ich hatte einen Geburtsvorbereitungskurs und auch eine Hebamme. Nach der Geburt habe ich dann aber festgestellt, dass Stillen doch gar nicht so einfach ist, wie ich dachte. Meiner Zimmernachbarin im Krankenhaus erging es ähnlich. Wir konnten dort leider auch nicht die Unterstützung bekommen, die wir benötigt hätten. So wurde der Grundstein gelegt. Ich habe dann sehr  viel gelesen und das Interesse daran, Stillberaterin zu werden ist von Tag zu Tag gewachsen.

Die beste Prävention für einen guten Stillstart ist ein Stillvorbereitungskurs. Dieser ist auch ganz unabhängig von einem Geburtsvorbereitungskurs.
Bestenfalls nimmt man einen Kurs im ersten / zweiten Schwangerschaftsdrittel wahr. Zu diesem Zeitpunkt ist man noch nicht zu sehr mit dem Thema Geburt beschäftigt und somit noch aufnahmefähiger. So hat man auch noch genug Zeit, sich in Ruhe mit dem Thema Stillen auseinander zu setzen.

Ganz wichtig ist es auch, nochmal zu betonen, dass man sonst NICHTS tun muss. Mann sollte beispielsweise nicht an der Brust rumkneten, zwirbeln oder sonstige Bearbeitungsmethoden am Körper vornehmen. Leider gibt es immer noch viel Unwissen und Mythen, die kursieren.

Das Kolostrum (=Vormilch) wird bereits ab der 16. SSW im Körper gebildet. Manche Mamas erschrecken sich dann ein bisschen, wenn sie eine Kruste auf der Brust haben, oder Krümelchen im BH. Bitte auch hier: einfach in Ruhe lassen – das ist in Ordnung und darf so sein. Es ist sogar ein sehr gutes Zeichen dafür, dass die Brust sich auf das Stillen vorbereitet.

Die Ängste der Mamas sind ganz oft, dass sie zu wenig Milch haben.
Im Stillvorbereitungskurs wird auch hierüber gesprochen und es wird u.a. auf das Kolostrum und die Magengröße eines Babys eingegangen. Es ist so wichtig, dieses Wissen zu haben, weil man oft verunsichert wird, wenn das Baby zur Welt kommt.

Wenn eine Mama in der Klinik beispielsweise am Anfang eine Flasche mit 100ml Milch in die Hand gedrückt bekommt. Es folgt de Aufforderung, dass das Baby das jetzt doch bitte trinken muss. Man kann sich hier schon sehr viel sicherer fühlen, wenn man weiß, dass der Magen in dieser Zeit nur ca. die Größe einer Kirsche / Walnuss hat. Da kann also gar nicht so viel rein. Hier wird im Kurs sensibilisiert, die Bedürfnisse des Neugeborenen in den Vordergrund zu stellen.

Häufig ist Stillberatung daher auch sehr viel Aufklärungsarbeit und hilft der werdenden Mama, gestärkt und wissend in eine gute Stillbeziehung zu starten.

Für mich der wertvollste Tipp, den ich damals leider nicht selbst umgesetzt habe: nach der Geburt innerhalb der ersten Stunde dem Baby ermöglichen, an der Brust zu trinken. Bestenfalls findet es sogar selbstgesteuert über das sogenannte „breast crawling“ an die Brustwarze der Mutter. Sollte das aus irgendwelchen Gründen nicht gehen (z.B. wegen eines Kaiserschnitts), ist es wünschenswert, das Baby trotzdem sehr zeitnah anzulegen – noch bevor ein längeres Schläfchen durch die Anstrengung der Geburt ansteht.

Idealerweise ist das Baby nach der Geburt dauerhaft mit der Mama im Bonding auf der Brust, damit möglichst viel Haut zu Haut Kontakt besteht. Das Kuschel-& Bindungshormon Oxytocin bildet sich so am besten und das Baby hat uneingeschränkt die Möglichkeit, an die Brust zu kommen. Zusätzlich fällt es leichter, erste Hungerzeichen zu erkennen.

Was auch ganz wichtig ist, ist einfach Zeit, Geduld und Ruhe. Man vermeidet bestenfalls eine große Besucherflut, die einen unter Druck setzt, damit man ganz in Ruhe in seiner neuen Rolle als Mama ankommen kann. Alles was Stress macht, ist nicht stillfördernd und sollte daher vermieden werden.

Wenn wir von einem gesunden, reif geborenen Säugling sprechen, empfehle ich immer Stillen nach Bedarf. Ganz ohne Druck und Zwang . Achte auf die Signale des Babys und stelle die Brust zur Verfügung, da Stillen natürlich nicht nur Nahrung und Durst stillen, sondern für das Baby auch Geborgenheit, Nähe, Ruhe und Kuscheln bedeutet.

Man darf nicht vergessen: Babys werden bestenfalls 9 bis 10 Monate unter dem Herzen getragen. Sie sind dort ganz wohlig warm aufgehoben und für sie ist das Ankommen auf dieser Welt ein sehr großer Umbruch. Da sollte man auch schauen, dass man nach den Bedürfnissen des Säuglings geht und diese nach Bedarf deckt – ohne auf die Uhr zu schauen.

Wenn man beispielsweise ein krankes oder zu früh geborenes Baby hat, muss ganz individuell geschaut werden – hier gibt es keine Faustformel.

Saugverwirrungen entstehen häufig in den ersten Wochen, wenn zu früh mit Beruhigungs- oder Flaschensaugern gearbeitet wird. Dann haben Babys häufig Probleme, an der Brust zu trinken und richtig anzudocken.

Es kann unter Umständen sehr anstrengend sein, Kinder wieder richtig an die Brust zu gewöhnen. Manche verweigern diese oder schreien sie nur an. Von Mamas hört man dann häufig, dass die Babys nicht mehr wollten und sich selbst abgestillt haben. Da sollte man dann aber immer hinterfragen, ob ein Beruhigungssauger häufig im Einsatz war, ob die Flasche oft angeboten wurde,… Das sind Dinge, die der Stillbeziehung am Anfang gar nicht gut tun, da es für den Säugling sehr schwierig ist, damit ein korrektes Saugen zu lernen.

Um so eine Saugverwirrung zu vermeiden, sollten Beruhigungs- und Flaschensauger daher vor allem in den ersten 6-8 Lebenswochen gemieden werden (bis sich die Stillbeziehung gefestigt hat). Die Dosis macht natürlich immer das Gift. Es gibt auch Babys, die damit gar kein Problem haben, aber sehr häufig ist es eben eines. Eine Saugverwirrung ist sehr anstrengend für alle Beteiligten und ist etwas, das gut zu vermeiden ist, wenn man diese Tipps berücksichtigt.

Das wichtigste als stillende Mama ist grundsätzlich eine gute Versorgung, d.h. ausreichend Flüssigkeit und ausreichend Ernährung (ausgewogen und gesund natürlich). Es spricht aber auch nichts dagegen, sich auch mal etwas zu gönnen und seinen Gelüsten nach zu gehen. Das trägt zum Wohlbefinden der Mutter bei und wenn es der Mama gut geht und sie sich wohl fühlt, spricht sehr viel dafür, dass sie auch entspannt ist in der Stillzeit.
Das hängt auch zusammen mit der Oxytocin-Ausschüttung. Wenn eine Mama Stress hat, weil sie nicht genug gegessen / getrunken hat, ist das kontraproduktiv für die Stillbeziehung.
Dinge wie Stilltee und Malzbier dürfen gerne getrunken werden, wenn es schmeckt. Sie sind aber nicht zwingend notwendig für eine gute Milchbildung. Das gleiche gilt für alkoholfreies Weizenbier und was noch so alles als milchbildungsfördernd beschrieben wird. Es nutzt also nichts, wenn die Mama etwas zu sich nimmt, das sie eigentlich gar nicht mag.
An dieser Stelle würde ich gerne einen Podcast empfehlen: https://open.spotify.com/episode/4Esp21eMOdgNZpkC8Q9doN?si=hk2EOUguT5aKt-iKUjOECg
Was auch super wichtig ist und ich meinen Mamis in der Beratung immer wieder sage: Baut euch kleine Inseln überall dort wo ihr stillt. Dort stellt ihr eine Flasche Wasser (oder was auch immer ihr gerne trinkt) und etwas zum knabbern bereit. Einfach, dass wenn ihr mal aufgrund des Stillens an einen Ort gefesselt seid (oft wollen Babys gerade am Anfang sehr oft und sehr lange trinken) etwas zur Hand habt und nicht hungern müsst.

Grundsätzlich ist meine Empfehlung, sich schon in der Schwangerschaft mit dem Thema Stillen zu befassen und einen Stillvorbereitungskurs zu besuchen, um die wichtigsten Informationen zumindest schonmal gehört zu haben.

Man kann sich so einfach sicherer und entspannter fühlen und weiß, an wen man sich wenden kann.
Wenn man Probleme hat und der Stillbeginn holprig ist, sollte man sich zeitnah, bestenfalls schon im Krankenhaus an eine Stillberaterin (oder an eine Hebamme, die Stillzertifiziert ist) wenden, um zu schauen, woran es liegt und langfristige Probleme zu vermeiden.

Beispielsweise gibt es immernoch das Gerede, dass Stillen weh tue und dass das normal sei („Man kann es ja weg atmen“ oder „es geht irgendwann vorbei“). NEIN!!! Stillen darf nicht weh tun. Es darf ein Ansaugschmerz da sein (so ein Ziehen in der Brust – das spüren alle Frauen unterschiedlich stark).

Richtige Schmerzen beim Stillen sollten aber schnellstmöglich korrigiert werden, um die Stillbeziehung nicht zu gefährden. Viele Mamas stillen sofort ab, weil sie den Schmerz als unaushaltbar empfinden – was ich sehr gut nachempfinden kann, wenn ich mich an meine ersten Stillversuche erinnere. Es war unfassbar schmerzhaft. Wenn man nicht so ein großes Durchhaltevermögen hat, weil man sich auch so ausgelaugt und kaputt fühlt, passiert es oft, dass die Frauen sich das nicht mehr antun möchten und geben hier schon auf.

Deswegen: Bitte unbedingt direkt an jemanden wenden, der unterstützen kann (auch, was das Thema zufüttern angeht), damit man, wenn man den Wunsch hat, voll zu stillen, nicht an der Flasche hängen bleibt und sich damit auseinander setzen kann, wie man stillfreundlich Muttermilch anbietet. Es gibt mittlerweile ganz viele gute Varianten, beim Stillstart ohne Flasche zu unterstützen. Sehr wichtig ist es auch gleich zu schauen, dass das Anlegen gleich gut funktioniert. Damit vermeidet man langfristig Schwierigkeiten.

Mehr über Cara findest Du auf Instagram.
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Außerdem haben wir auch eine Anleitung zum Stillen im Tragetuch für Dich.

Die wunderschönen Fotos wurden uns von Cara zur Verfügung gestellt (Fotografin: Sara Eisenmann).

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